Streit um Regio-S-Bahn geht in die nächste Etappe
Die im Regio-S-Bahnverkehr eingesetzten Fahrzeuge entsprechen nicht den gesetzlichen Bestimmungen zur Barrierefreiheit. Das Eisenbahnbundesamt als zuständige Aufsichtsbehörde sieht das anders und hatte 2010 die Aufnahme des Regio-S-Bahnverkehrs mit diesen Fahrzeugen genehmigt. Dagegen haben wir zusammen mit der LAG Selbsthilfe behinderter Menschen Bremen bereits Mitte des letzten Jahres Klage erhoben. Vorangegangen war dem ein Widerspruch, den das Eisenbahnbundesamt weitgehend zurückwies. Anfang Februar haben wir nun – vertreten durch eine Bremer Anwaltskanzlei – die Klagebegründung beim zuständigen Verwaltungsgericht Köln eingereicht.
Die Regio-S-Bahn-Fahrzeuge verfügen über gesonderte Abteile für Rollstuhlfahrer/innen und ihre Mitreisenden sowie Menschen mit Kinderwagen. Das ist gegenüber älteren Fahrzeugen wie den Doppelstockwaggons der Deutschen Bahn ein Fortschritt, weil Rollstuhlfahrer/innen nun nicht länger ihren Platz mit Fahrrädern teilen müssen: deshalb kam es oft zu schwierigen Situationen. Um aber in dieses Abteil zu gelangen, müssen Rollstuhlfahrer/innen einen ohnehin schmalen Gang passieren, an dessen einer Seite Klappsitze angebracht sind. Gegen diese Klappsitze richtet sich vor allem unsere Kritik und die Klage. Denn diese sind zu den Hauptverkehrszeiten – also dann wenn auch die meisten Rollstuhlfahrer unterwegs sind – generell besetzt, und dann ist der Gang für Rollstuhlfahrer in beide Richtungen praktisch unpassierbar.
Die Klagebegründung hat einiges an Zeit beansprucht. Denn wir betreten damit – unterstützt durch unsere jeweiligen Bundesverbände, die ISL Deutschland und die BAG Selbsthilfe, in deren Namen wir die Klage eingereicht haben – rechtliches Neuland. Es kommt äußerst selten vor, dass Behindertenverbände von ihrem Verbandsklagerecht Gebrauch machen, und zum ersten Mal wird eine Entscheidung des Eisenbahnbundesamtes darauf hin überprüft, ob dabei die gesetzlichen Vorgaben zur Herstellung von Barrierefreiheit incl. der UN Behindertenrechtskonvention ausreichend berücksichtigt wurden.
Auch wenn wir gegen das Eisenbahnbundesamt klagen: unsere Kritik richtet sich vor allem gegen die Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen und den Bremischen Senator für Umwelt, Bau und Verkehr. Sie haben als sogenannte Aufgabenträger die Nordwestbahn mit dem Betrieb des Regio-S-Bahn-Systems beauftragt, und wir hatten sie frühzeitig auf diese gravierende Schwachstelle hingewiesen. Es lag und liegt in ihrer Macht, die strittigen Sitze einfach wieder ausbauen zu lassen.
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